Botanik
Die Nachtkerze gehört - wie die Weidenröschenarten - zur Pflanzenfamilie der Nachtkerzengewächse (Onagraceae). Die Art Oenothera biennis ist genau genommen eine Sammelart, die mehrere schwer unterscheidbare Kleinarten umfasst. Die Pflanze wächst bei uns vorwiegend zweijährig. Im ersten Jahr bildet sie eine eng am Boden anliegende Blattrosette aus. Im zweiten Jahr wächst ein bis zu 1,50 m hoch werdender mitunter verzweigter Stängel mit Blütenständen heran. Die 10-30 cm langen und 4-6 cm breiten Blätter sind eiförmig bis lanzettlich und sitzen wechselständig am Stängel. Sie weisen einen roten Mittelnerv auf. Die Blattränder sind glatt, an der Spreitenbasis mitunter auch gelappt. Die ganze Pflanze ist mehr oder weniger behaart und der Stängel rot punktiert. Die gelben radiärsymmetrischen leicht duftenden Blüten erscheinen von Juni bis September in den Blattachseln und in einem endständigen ährigen Blütenstand. Sie sind 3-4 cm groß und entfalten sich in der Dämmerung. Sie verwelken nach ca. 20 Stunden. Die Entfaltung der Blüten geschieht innerhalb weniger Minuten, was man leicht beobachten kann. Die Blüten werden durch Nachtfalter und verschiedene Bienen (vor allem Hummeln) bestäubt. Die Samen reifen in einer vierfächerigen Kapselfrucht. Die Herkunft der Nachkerze ist Nordamerika. Im 17. Jahrhundert gelangte die Pflanze nach Europa, wurde in Gärten kultiviert und verwilderte. Man findet sie bevorzugt auf Brach- und Ödflächen. Sie breitet sich entlang der Eisenbahnschienen und auf Straßenböschungen aus.
Heilwirkung
Bereits in ihrer Heimat Nordamerika wurde die Nachtkerze von den indigenen Einwohnern als Heilkraut zur Behandlung von Wunden und Frauenleiden genutzt. Heilkräftig ist das Samenöl, das hauptsächlich aus mehrfach ungesättigten Fettsäuren besteht und einen relativ hohen Anteil an Gamma-Linolensäure enthält. Das Nachtkerzenöl wird hauptsächlich äußerlich zur Behandlung von Hautleiden z.B. Neurodermitis angewendet. Es ist Bestandteil verschiedener Kosmetika.
In der Küche
Die Nachtkerze ist in der Küche vielseitig verwendbar. Die jungen Blätter kann man als Gemüse kochen oder in Salate schneiden. Auch die Blüten sind essbar. In vergangenen Zeiten wurde die Pflanze wegen ihrer Wurzel angebaut, die wegen der roten Farbe auch „Schinkenwurzel“ genannt wurde. Die Wurzel kann man wie die Schwarzwurzel zubereiten. Sie wird noch im ersten Jahr, bevor die Pflanze einen Stängel bildet, geerntet.
Insekten
Von der Nachtkerze ernähren sich verschiedene Nachtfalter, die die Blüten der Nachtkerze während und nach der Dämmerung aufsuchen. Für den Nachtkerzenschwärmer ist sie – neben dem Weidenröschen – Futterpflanze für die Raupen. Tagsüber wird die Blüte von verschiedenen Wildbienen – insbesondere von Hummeln – besucht.
Im Kräutergarten
Da die Nachtkerze zweijährig wächst, verbleibt sie nie an dem ihr zugedachten Platz, sondern vagabundiert durch den Garten. Nicht immer können wir sie an den Plätzen, wohin sie sich versamt, auch stehen lassen. Dann versuchen wir, sie umzusetzen. Allerdings ergibt es die schönsten Pflanzen, wenn sie an dem Platz, wo sie aufgeht, auch wachsen und gedeihen kann. Ähnlich wie bei der Königskerze gibt es Jahre, in denen die Pflanze im Kräutergarten nur spärlich vorkommt, dann wieder erleben wir ein regelrechtes „Nachtkerzenjahr“. Woran das liegt? Wir wissen es nicht.
Verwendete Literatur
Sebald/Seybold/Philippi: Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs, Band 4; Eugen Ulmer Verlag GmbH & Co. 1992
Ursel Bühring: Alles Über Heilpflanzen; Eugen Ulmer KG; 2015
Wolfgang Franke: Nutzpflanzenkunde, neu bearbeitet von Reinhard Lieberei und Christoph Reisdorff; Georg Thieme Verlag, 7. Auflage 2007